Freitag | 19. April 2024
 

Mein Neanderland

Neanderland  | 

„Die Marke Neanderland ist schon sehr bekannt“

Von

Im Interview für die TME-Rubrik "Mein Neanderland" betont Landrat Thomas Hendele die Bedeutung des Tourismus für den Kreis Mettmann. "Das ist noch nicht bei allen ankommen."

Landrat Thomas Hendele und Zoodirektor Dr. Arne Lawrenz (r.). Foto: TME

Das weltberühmte Neandertal, das dazugehörige – über die Region hinaus anerkannte – Museum, ein immer beliebter werdender Wanderweg, eine Kooperation mit dem Wuppertaler Zoo: Es gibt ganz schön viele Gründe, um ins Neanderland zu kommen – auch als Tourist. Zahlen belegen dies: Rund eine halbe Million Ankünfte (524.409) zählte der Kreis Mettmann im Jahr 2015. Dies entspricht einer Steigerung der Gästeankünfte um 2,8 Prozent. Die Zahl der Übernachtungen stieg im Jahr 2015 um 3,5 Prozent und liegt mit 962.539 nun knapp unter der Millionengrenze. Das geht aus den aktuellen Veröffentlichungen des Landesbetriebs Information und Technik NRW (IT NRW) hervor. Die größten Steigerungen bei den Ankünften können die Städte Langenfeld (+16,2 % bei den Ankünften, +21,9% bei den Übernachtungen) und Haan (+10,6 %, +19,3%) verzeichnen. Das tolle Ergebnis von 2014 konnte somit noch einmal getoppt werden.

Das hat eine relevante wirtschaftliche Größenordnung“

Der Tourismus wird auf Taeglich.ME ab sofort eine feste Rubrik erhalten. Unter dem Motto „Mein Neanderland“ werden auf einer Extra-Seite touristische Themen zusammengefasst und gesammelt. Zum Auftakt gibt es ein Interview mit Landrat Thomas Hendele.

Taeglich.ME: Herr Hendele, die jüngsten Zahlen belegen, dass der Tourismus immer mehr Menschen in unsere Region bringt. Glauben Sie, dass diese wirtschaftliche Bedeutung schon in allen Städten angekommen ist?
Thomas Hendele: Da hat der ein oder andere sicher noch Nachholbedarf. Es ist schon sehr erstaunlich, was wir hier an Übernachtungszahlen haben. Wir reden über einen touristischen Umsatz von mehr als 400 Millionen Euro. Das sind tausende von Arbeitsplätzen. All das ist eine wirtschaftliche Größenordnung, die nicht klein, sondern die relevant ist – für Arbeitsplätze, für die Menschen, für die Attraktivität des Raums. Nein, all das ist noch nicht überall angekommen.

TME: Muss da eine größere Vernetzung stattfinden, oder müssen die Städte noch mehr abgeholt werden – mit einem Kreis in der Vorreiterrolle?
Hendele: Mit dem Arbeitskreis Stadtmarketing haben wir ein sehr gutes Instrument. Da bringen sich alle Städte sehr konstruktiv ein. Der Prozess läuft gerade mal vier, fünf Jahre. Dafür sind wir eigentlich schon weit. Die Marketingexperten meinen, dass man mehr als zehn Jahre braucht, bis eine Marke etabliert ist. Nach fünf Jahren haben wir aber einen immens hohen Bekanntheitsgrad. Auch das ist an den Übernachtungszahlen abzulesen. Und wir erkennen, dass wir auch Gäste haben, die länger als eine Nacht bleiben. Das liegt auch daran, dass wir uns in einer attraktiven Gemengelage befinden – mit Städten wie Düsseldorf und Köln in der Region. Da haben wir eben auch viel zu bieten, was außerhalb des Neanderlands liegt. Das nehmen die Menschen gerne mit, wenn sie uns besuchen.

TME: Auch weil die Besucher nicht aus dem engsten Umkreis kommen?
Hendele: Genau. Wir waren auch wieder auf der Reisebörse in Utrecht. Die Niederlande sind für uns ein ganz interessanter Markt.

TME: Wie nimmt der Marketing-Arbeitskreis die Akteure außerhalb der Verwaltungen ins Visier?
Hendele: Aktiv. Unsere Touristiker binden ja die Leistungsträger ein – wie die Gastronomie. Die schulen die Leute. Da wird einiges getan, die Leute zu sensibilsieren für ihr eigenes Potenzial. Und viele Gastronomen spiegeln uns, dass der Tagestourismus sich in den Kassen niederschlägt. Zum Beispiel von den Gaststätten am Neanderland-Steig. Die sagen uns: „Hätten wir nie gedacht, aber hat was gebracht.“ Das ist gut.

TME: Wie beurteilen Sie die Entwicklung von PanoramaRadweg und Neanderland-Steig?
Hendele: Der PanoramaRadweg ist schon im sechsten Jahr. Der ist einfach klasse, weil er zum Beispiel über seine 42 Kilometer das Radfahren vom  Ruhradweg bis zur Korkenzieherbahn machbar macht. Ein Alleinstellungsmerkmal im Neanderland. Er hat aber auch sein Problem, das will ich nicht verschweigen. Das sind die unterschiedlichen Nutzungen, die wir wollen – wie Spaziergänger, Radler oder Skater. Nur: Leute, nehmt Rücksicht! Das muss doch möglich sein. Wenn da viel los ist, kann ich beispielsweise mit meinem Rennrad nicht den Berg runterrasen.  Aber insgesamt: Der Weg ist etabliert. Das sieht man auch an der Gastronomie, die entstanden ist.

Die Städte müssen sich mit den Entdeckerschleifen auf den Weg machen“

TME: Am Neanderland-Steig könnte gastronomisch noch zugelegt werden.
Hendele: Sicher. Aber auch da tut sich was. In Teilen hat der Steig dazu geführt, dass sich einige Gaststätten erst einmal stabilisiert haben. Die Gaststätten sind übrigens auch alle in unserer Neanderland-Steig-App eingetragen. Die App ist wirklich gut gelungen. Wir sind auf einmal Wanderland geworden. Die Leute finden das Bergige im Niederbergischen schön, aber auch das Flache im Süden, was näher an den Städten ist. Das ist dann mehr Alltagswanderung.

TME: Und der Weg soll sich ja noch entwickeln.
Hendele: Richtig. Es ist an der Zeit, dass sich die Städte mit den Entdeckerschleifen auf den Weg machen. Denn: Unstrittig ist, dass Wanderwege auch von einer Rundwegesituation leben. Das könnte die Entdeckerschleife absolut bieten. Ich kann dann sagen, ich gehe nicht die ganze Etappe mit ihren bis zu 18 Kilometern, dann muss ich die Entdeckerschleife haben, die mich in die Stadt hineinführt und auf einem anderen Weg aus der Stadt zum Startort zurückführt. Und wenn diese Schleifen dann ausgeschildert sind, müssen wir diese publizieren.

TME: In Sachen Werbung und Kartenmaterial ist der Kreis bereits ein guter Partner der Kommunen.
Hendele: Wir haben da eine einheitliche Linie. Die ist gut gelungen. Es gibt nun auch neue Flyer. Das ist sehr nützlich und wird von den Städten anerkannt.

TME: Hat der Neanderland-Steig auch dazu beigetragen, dass die Marke Neanderland auch im Süden des Kreises nicht mehr so sehr hinterfragt wird?
Hendele: Absolut. Es gibt zwar immer noch Leute, die mit dem Wort nicht umgehen können. Aber es stimmt, die ablehnende Diskussion gibt es nicht mehr. Unterm Strich: Dass es soweit geht mit dem Steig, hätte ich am Anfang nicht gedacht. Dass die Leute den so schnell annehmen, unglaublich. Die Entwicklung ist faszinierend.

Die Fundstelle könnte 2018 neu gestaltet sein“

TME: Mittendrin im touristischen Netz steht das Neanderthal Museum. Eine Attraktivierung steht an, eine Modernisierung. Wie kann die Qualität erhalten werden? Nur über die Erneuerung der Ausstellung?
Hendele: Wir haben da mehrere Komponenten. Die erste ist die inhaltliche Überarbeitung der Dauerausstellung. Das ist unverzichtbar. Die letzte ist fast zehn Jahre her. Daher muss da was geschehen. Das ist das A und O. Eine weitere Komponente befasst sich mit der Umfeldsituation. Ein komplexer Bereich. Komponente Nummer 3 ist die Fundstelle. Die könnte 2018 umgesetzt und neu gestaltet sein.

TME: Wie sieht es mit dem Thema Verkehr und Neandertal aus?
Hendele: Da müssen wir ran. Darüber reden wir aber auch schon. Eines aber ist klar: Wir werden die Autos aus dem Tal nicht herauskriegen. Der Verkehr muss geleitet werden. Daher ist auch das Parken ein großes Thema. Und wir brauchen einen besseren Radweg. Da ist das Land gefordert. Das ist schließlich eine Landstraße. Da brauchen wir einen Radweg in einer Qualität, die das prominente Tal auch verdient.

TME: Gibt es Überlegungen, eine Neanderland-Card einzuführen?
Hendele: Das ist eher kein Thema. Denn einige Städte und Einrichtungen sind schon in anderen Programmen integriert – wie Ruhr- oder Düsseldorf-Card. Ingesamt muss darüber nachgedacht werden, wie wir uns in der Region noch mehr vernetzen. Das ist ein Mega-Thema aus meiner Sicht.

Wir sollten uns mit den Seen von Rheinkalk befassen“

TME: Wie läuft die Kooperation mit den Düsseldorfer Touristikern?
Hendele: Sehr gut. Durch die Tour de France werden wir da zu ganz anderen Herausforderungen kommen. Eines ist klar, das wird ein logistisches Meisterstück. Diese Strecke durch Mettmann-Stadt zum Beispiel. Da werden wir zigtausende an Besuchern haben. Wir müssen uns auch was einfallen lassen, wie wir die Leute auffangen. Da muss es Veranstaltungen rund um das Ereignis an dem Tag geben.  Ich habe einmal die Tour de France live in Frankreich erlebt. Das macht schon Spaß.

TME: Was sind aus Ihrer Sicht touristische Zukunftsprojekte?
Hendele: Es gibt ja Wünsche in Mettmann rund um das Kalkwerk Neandertal. Das wird aber eher mittelfristig ein Thema werden. Noch ist gar nicht klar, wie lange dort noch abgebaut wird. Ich denke, wir sollten uns schneller mit den schönen Seen von Rheinkalk in Wülfrath befassen. Wenn ich da an die Illumina 2003 denke. Das war wirklich klasse. 40.000 Leute waren damals da. Die Seen wären eine sehr, sehr schöne landschaftliche Ergänzung. Das müssen wir mit dem Unternehmen mal besprechen. Es ist ja auch eine Sicherungsfrage und eine Wegeausbaufrage.

TME: Und was sind die Vorlieben des Landrats im Neanderland, wo muss man hin?
Hendele: So ein schöner Morgen mit einem Wanderstart in Neviges und dann Richtung Windrather Tal aufbrechen. Das ist am Neanderland-Steig sehr, sehr reizvoll. Gleiches gilt auch für den Weg mit dem Rad Richtung Monheim über Garath und dann über den Monheimer Deich bis Leverkusen. Konträr wie das Neanderland: Das ist zum einen sehr bergisch und zum Teil auch einsam, und dann das genaue Gegenteil am Rhein. Das ist schon faszinierend. Ich bin froh, dass wir ein Stück vom Rhein im Neanderland haben.


Alle Rechte vorbehalten.

Wo kann ich diesen Artikel kommentieren?

Leider bieten wir diese Funktion nur unseren Abonnenten an. Registrieren können Sie sich hier. Sollten Sie bereits Abonnent von Taeglich.ME sein, so können Sie sich hier einloggen und diesen Artikel kommentieren.